Prof. Dr. Karl Ubl
Lehrstuhl für Geschichte des Mittelalters
(Schwerpunkt: Frühes und Hohes Mittelalter)
Historisches Institut
Albertus-Magnus-Platz
50923 Köln
Sprechstunde
Mo, 14-16
Veranstaltungen
Kolloquium: Graduiertenkolleg "Dynamiken der Konventionalität", Fr 10-11:30
Wissenschaftliches Profil
Im Zentrum meiner Forschung stehen die Diskurse über normative Ordnungen im christlichen Mittelalter. Mein erstes Buch befasste sich mit der Aneignung der politischen Theorie des Aristoteles im Werk des 1331 gestorbenen Gelehrten Engelbert von Admont und mit den Spannungen, die sich aus der Konfrontation von Aristoteles mit der christlichen Überlieferung ergaben ("Engelbert von Admont", 2000). Die Erschließung dieses bislang eher unbekannten Philosophen und Theologen am Rande der damaligen Wissenschaftswelt habe ich mit der Edition seines Speculum virtutum (2004) fortgesetzt. Von diesem Thema aus ergaben sich verschiedene Arbeiten zu Aspekten der Bildungs-, Häresie- und Theoriegeschichte des späten Mittelalters sowie eine Studie zu "Gelehrte Gutachten und königliche Politik im Templerprozess" (2010, gemeinsam mit William Courtenay). Mit meiner Habilitation zu "Inzestverbot und Gesetzgebung. Die Konstruktion eines Verbrechens, 300-1100" (2008) hat sich mein Fokus auf das frühe Mittelalter verlagert. Dabei blieb die Problematik normativer Ordnung weiterhin im Mittelpunkt, wobei sich mein Zugriff von einer vorwiegend ideengeschichtlichen Perspektive hin zu einer Politik- und Kulturgeschichte des Rechts verlagerte. In dem Buch wird das Inzestverbot - trotz seiner religiösen Semantisierung - als ein Element königlich-bischöflicher Ehepolitik identifiziert, welches die Etablierung eines überregionalen Heiratsmarktes in den Großreichen des frühen Mittelalters herbeiführen sollte und durch die Manipulation der Betroffenen und die Eigendynamik der Normen zunehmend außer Kontrolle geriet. Mein neues Buch über die Lex Salica widmet sich der "Biographie eines Rechtsbuchs" von 500-900 und behandelt die Frage nach der Funktion bzw. symbolischen Bedeutung von Gesetzgebung im Frankenreich.
Kurzbiografie
1991-1995 Studium der Geschichte, Philosophie und Historischen Hilfswissenschaften, Universität Wien und Harvard University -- 1992-1995 Ausbildungslehrgang am Institut für Österreichische Geschichtsforschung, Wien -- 1999 Promotion, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg -- 2000-2001 DFG-Projekt zur Edition des Speculum virtutum Engelberts von Admont -- 2001-2007 Assistent, Eberhard-Karls-Universität Tübingen -- 2007 Habilitation in Mittelalterlicher Geschichte und Historischen Hilfswissenschaften, Eberhard-Karls-Universität Tübingen - 2007-2008 Heisenbergstipendium -- 2008-2011 akademischer Rat, Eberhard-Karls-Universität Tübingen -- 2009 Sommersemester, Professurvertretung, Georg-August-Universität Göttingen -- 03/2010 Gastprofessur, Université de Provence, Aix-Marseille -- 2010-2011 Member, Institute for Advanced Study, Princeton -- 2011 Professur für Mittelalterliche Geschichte / Schwerpunkt Früh- und Hochmittelalter, Universität zu Köln -- 03/2014 Gastprofessur, Ecole pratique des hautes études/Sorbonne -- 04-06/2015 Summer visitor, Institute for Advanced Study, Princeton -- 09/2019-01/2020 Fellow, Shelby Cullom Davis Center, Princeton University -- 03/2024 Visiting Research Fellow of the Humanities Center, the University of Tokyo
Forschungsprojekte
- Edition der karolingischen Herrschererlasse (Akademieprojekt ab 2014)
- Bibliotheca legum. Eine Handschriftendatenbank zum weltlichen Recht im frühen Mittelalter
- Die Welt des Strafens in der Karolingerzeit
- Forschungsstelle Geschichte Kölns
Publikationen
Engelbert von Admont. Ein Gelehrter im Spannungsfeld von Aristotelismus und christlicher Überlieferung (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Erg.-Bd. 37, Wien/München 2000)
Engelbert von Admont: Speculum virtutum (MGH Staatsschriften des späteren Mittelalters 1, 2, Hannover 2004)
Inzestverbot und Gesetzgebung. Die Konstruktion eines Verbrechens (300-1100) (Millennium-Studien 20, Berlin/New York 2008)
[mit William J. Courtenay] Gelehrte Gutachten und königliche Politik im Templerprozeß (MGH Studien und Texte 51, Hannover 2010)
Die Karolinger. Herrscher und Reich (C.H.Beck Wissen, München 2014)
Sinnstiftungen eines Rechtsbuchs. Die Lex Salica im Frankenreich (Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter 9, Ostfildern 2017)
[mit Semih Heinen] William of Ockham: Dialogus, Part 3, Tract 2 (Auctores Britannici Medii Aevi 33, Oxford 2019)
Köln im Frühmittelalter. Die Entstehung einer heiligen Stadt (Geschichte der Stadt Köln 2, Köln 2022)
[mit Stefan Esders, Sören Kaschke, Britta Mischke, Steffen Patzold, Dominik Trump] Fränkische Herrschererlasse 814-840 (MGH Capit. N.S. 4, Wiesbaden 2024)
Mitgliedschaften
- Wissenschaftlicher Beirat der Historischen Zeitschrift (seit 2011), Herausgeber (seit 2020)
- Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte e.V. (seit 2014)
- Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica (seit 2015)
- Fachkollegium Geschichtswissenschaft in der DFG (2016-2023)
- Scientific Advisory Board des Instituts für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (seit 2017)
- Kommission Regesta Imperii der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur (seit 2017)
- Vorstand, Förderverein Geschichte in Köln (seit 2017)
- Fachbeirat Wiederaufbau des Historischen Archivs der Stadt Köln (seit 2017)
- stellvertretender Sprecher des Graduiertenkollegs "Dynamiken der Konventionalität" (seit 2018), Sprecher (seit 2020)
- Vorstand, Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde (seit 2019)
- Beirat "Mittelalterliche Überlieferung" der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (seit 2021)
- Corresponding Fellow of the British Academy (2023)
- Corresponding Fellow of the Medieval Academy of America (2024)