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DFG-Projekt: Vom Einzelstück zur seriellen Produktion: Wandlungsprozesse im Handwerk des Mittelalters
Laufzeit: 01.07.2023 - 30.06.2026
Handwerk ist ein universalhistorisches Phänomen: Jeder Gesellschaft gehören zu jeder Zeit Handwerker:innen an. Dieses Projekt geht von der These aus, dass vor 1200 in Europa ein grundlegender Wandel im Handwerk stattfand. Dieser Wandel lässt sich an der engen Verschränkung der drei Bereiche Rohstoffe, serielle Produktion und globaler Austausch fassen: (1) Rohstoffe: Kostbare, importierte Materialien, die zuvor für die Produktion von Einzelstücken benutzt worden waren, wurden nun durch preiswertere Ausgangsstoffe ersetzt. Dies betraf z.B. Elfenbein, das durch gebleichte Knochen ersetzt wurde, oder große Meeres-Perlen, an deren Stelle kleine Fluss- oder Glasperlen traten. Die billigen Materialien waren Voraussetzung dafür, dass (2) eine serielle Produktion entstehen konnte, die mit einer erhöhten Produktivität und sinkenden Preisen einherging. So hatten neue Käufergruppen (z.B. Niederadlige und städtische Eliten) erstmals Zugang zu Kunst- und Andachtsobjekten, die zuvor dem Hochadel und hohen Klerus vorbehalten waren. (3) Gleichzeitig fand global um 1200 ein gesteigerter Austausch an Handelsgütern, Wissen und Technologie statt. So wurde beispielsweise im Westen verstärkt Know-How aus dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten rezipiert und es fanden im Handwerk Transformations- und Aneignungsprozesse statt. Deshalb sollen die Beobachtungen zu neuen Rohstoffen und serieller Produktion mit dem Ansatz der Gobalgeschichte verbunden werden, um so den globalen Einfluss auf lokale Produkte und deren Produktion zu analysieren. Untersucht werden dazu Sach- und Schriftquellen aus dem nordalpinen Reich aus der Zeit von ca. 1150-1550. Das Projekt besteht aus zwei exemplarischen Fallstudien: Die Antragstellerin untersucht „Perlen“, das Promotionsprojekt untersucht „Bein“. Als Untersuchungsmethoden werden genutzt: (1) eine geschichtswissenschaftliche Einordnung von kunsthistorischen, -technologischen und archäologischen Befunden zu Objekten und Anwendung des „Material turns“; (2) eine historisch-kritische Auswertung von Archivalien; (3) eine Einordnung der Ergebnisse unter Berücksichtigung globalgeschichtlicher Perspektiven. Beide Fallstudien haben einen klaren regionalen Schwerpunkt, der auf den Städten Köln und Basel mit dem jeweiligen Umland liegt. Verknüpft werden die beiden Teilprojekte durch die drei Themenfelder (Rohstoff, serielle Produktion, globale Einflüsse auf das Lokale) und die methodischen Herangehensweisen. Dieses Forschungsdesign ermöglicht eine hohe Vergleichbarkeit der Ergebnisse bei gleichzeitiger Eigenständigkeit der Forschung. Am Ende werden die Ergebnisse in einen größeren kulturwissenschaftlichen Kontext eingeordnet.